Heute Nacht war es soweit: Der Punkt „Einen Vulkan besteigen“sollte nun endlich von meiner Bucket-Liste verschwinden. Hier in Bali machte ich mich auf den Weg, um – mit dem Sonnenaufgang als Ziel – den Mount Batur zu erklimmen. Wie sich das, trotz meiner unglaublichen Abneigung gegen das Bergsteigen in jeglicher Form, gestaltet hat und warum es letztlich eines der geilsten Erlebnisse meiner Reise-Geschichte war, verrate ich hier:
Es ist 01:20 nachts als mein Wecker klingelt. Nach gerade mal zwei Stunden Schlaf – meinen herzlichen Dank an dieser Stelle an meine agilen Nachbarn – hieve ich mich schlaftrunken und mit mulmigem Gefühl aus dem Bett. Um 02:00 muss ich abmarschbereit sein, dann kommt der Fahrer der mich wie hunderte andere Besucher Balis allmorgendlich die zwei Stunden zum Fuße des Mount Batur, dem mit 1717 Metern, zweitgrößtenVulkan Balis, bringen wird. Der Plan: Mit einer Taschenlampe bewaffnet die sandig-steinigen Ausläufer des Berges erklimmen, um pünktlich zum Sonnenaufgang am Gipfel zu sein.
Meine Begeisterung hält sich zu diesem Zeitpunkt jedoch noch in Grenzen. Zum einen meiner Müdigkeit geschuldet, hauptsächlich jedoch, weil ich bekanntermaßen kein all zu großer Freund von allem bin, was damit zu tun hat, aus eigener Kraft Höhenmeter hinter mich zu bringen. Trotzdem, weil die Besichtigung eines Vulkans schon lange auf meiner Bucket-Liste steht und es einer der ausschlaggebenden Punkte war nach Indonesien zu reisen, und weil diese Nummer im Vergleich zu anderen Touren – etwa der dreitägige Mamutweg auf den Rinjani in Lombok – ein Kinderspiel ist, habe ich mich am Vortag entgegen aller Aversionen für das Abenteuer eingetragen.
Von Renn-Manövern und Tigern
Gemeinsam mit fünf anderen Reisenden geht es also pünktlich um 02:00 los. Während die Straßen um Ubud tagsüber gestopft voll sind, ist nun alles leergefegt und unser Fahrer nutzt die Gunst der Stunde, um in halsbrecherischen Manövern, etwaigem Getier auf der Straße ausweichend, möglichst schnell Strecke gut zu machen. Wenige Kilometer vor dem Ziel heißt es aussteigen und Frühstücken. Mittlerweile ist es 02:30 und wie wir da zu sechst bei Kaffee, Tee und Bananen-Pfannkuchen sitzen, trudeln nach und nach immer mehr Touristen ein. Gebrochen wird die Stille, der übermüdeten Abenteurer, die mechanisch die Gabel zum Munde führen, von einem plötzlichen Aufruhr. Die Guides und Lokals beginnen zu rennen und zu rufen. Wir, ihre Schäfchen sind vergessen und sitzen verdutzt auf unseren zugewiesenen Plätzen. Die Spekulationen werden lauter: Von Tigern, wilden Bestien oder angreifenden Hunden ist da die Rede. Wenige Minuten später ist der Spuk vorbei. Entwarnung. Was genau los war, will uns keiner sagen. Es ging wohl um einen Dieb, der versuchte die Kasse des „Cafés“ zu plündern.
Nach dem ganzen Aufruhr nun deutlich wacher, geht es das finale Stück zum Vulkan. Dort erwarten uns dutzende Autos, die ebenfalls bis zu sechs Touristen fassen und so herrscht ein munteres Gewirr auf dem örtlichen Parkplatz. „On top you will get Breakfast, if you want drink (vom Wasser das wir zuvor bekommen haben abgesehen) you must pay extra, not included!“. Mit diesen Worten übergibt unser Fahrer uns in jeweils Vierergruppen an unsere Guides, die mit uns den Aufstieg bestreiten werden. Mit Taschenlampen ausgerüstet geht es auch direkt los. Im Gänsemarsch, den Blick fest auf den Boden gepflastert, um in der dicken Vulkansandschicht, die den Boden überzieht, nur ja kein Geröll zu übersehen, legen wir die ersten Meter zurück.Was seicht beginnt, weicht schon nach kurzer Zeit einer immer steiler werdenden Steigung, Sand und Geröll verdichten sich und binnen weniger Minuten stapfe ich nach Luft schnappend und schweißgetränkt hinter meinem Guide her. Ein Leidensgenossin finde ich in einer Italienerin, die wie ich dem Bergsteigen so gar nicht zugetan ist und für die das Ganze eben sosehr zum Kraftakt ausartet.
Kein Zuckerschlecken
Fassen wir die Fakten des Aufstieges einmal zusammen. Angsetzt mit etwa zwei Studen wollen ca. 900 Höhenmeter (Der Parkplatz liegt auf etwa 700 Metern) überwunden werden. Die Touristenmassen verteilen sich auf dieser Strecke in absoluter Dunkelheit und sind nur noch an den Lichtkegeln ihrer Taschenlampen zu erkennen, die sich wie eine Lichterkette langsam den Berg hoch schieben. Im Gegensatz zu einer normalen Bergwanderung liegt die Schwierigkeit eines Vulkan definitiv im Gelände. Viel Sand und Geröll machen den beschwerlichen Aufstieg zu Schlitterpartie, während die scharfkantigen Felsen den Adrenalinpegel zusätzlich nach oben treiben. Für mich Sportmuffel und Flachland-Sympathisant kein Zuckerschlecken. Aber: Dank unseres tollen Guides, eine machbare Aufgabe. Immer wieder legt er für uns kurze Pausen ein, nimmt uns an schwierigen Stellen an die Hand und motiviert mich immer weiter zu gehen. Trotz Herzrasen, Schweißausbrüchen und zitternden Beinen habe ich es so ganz ohne Fluchen und Heulattacke nach oben geschafft. Für mich ein voller Erfolg.
Endlich am Ziel
Auf dem Plateau des Kraters angekommen, mache ich es mir mit meiner italienischen Leidensgenossin in Position zum Sonnenaufgang auf einer Bank bequem und blicke fröstelnd auf den unfassbaren Sternenhimmel, der nur wenig später von den ersten Lichtstrahlen erhellt wird. Mit der aufgehenden Sonne, über den tief hängenden Wolken und der Aussicht auf den Mount Agung, Balis höchstenVulkan, sind nun alle Strapazen vergessen und der Punkt „einen Vulkan Besteigen“ darf nun nicht nur auf meiner Bucket-Liste abgehakt werde, er darf sich auch als mein bisheriges Reise-Highlight in Indonesien betiteln.
Etwa eine Stunde später gibt es ein zweites Frühstück aus Ei und Bananentoast (eher semi-lecker) und unser Guide führt uns am Krater entlang, den etwas flacheren, dafür umso sandigeren Weg zurück gen Ausgangspunkt. Völlig fertig, aber glücklich verabschieden wir uns von unserem tollen Bergführer* und treten den Weg zurück nach Ubud an. Den eigentlich im Preise enthaltenen Trip zu einer Kaffeeplantage (Kaffeeverköstigungen gibt es hier vielerorts gratis) lasse ich sausen und steuere direkt mein wohlverdientes Bett an.
*Bei den Guides handelt es sich meist um Lokals aus der Gegend, die den anstrengenden Trip jede Nacht unternehmen. Ein Knochenjob, der miserabel bezahlt ist. Darf man dem glauben, was eine junge Führerin ihrer Gruppe erzählt hat, so bekommen sie – obwohl sie faktisch ja die meiste Arbeit machen – von den 350.000 Rupiah (etwa 25€) pro Kopf gerade mal etwa 2,50€ also 10€ pro Nacht! Trinkgelder sind dementsprechend gerne gesehen und wie ich finde unbedingt angebracht.
Wenn du selbst in Bali unterwegs bist, kann ich dir die Tour – obwohl sehr touristisch – nur absolut ans Herz legen. Zu buchen in den meisten Unterkünften und Reisebüros, unterschieden sich die Angebote kaum und sind in den meisten Orten im Umkreis erhältlich. Das Abenteuer einen Vulkan bestiegen zu haben, ist zumindest für mich etwas, dass ich so schnell ganz sicher nicht vergessen werde.
1. November 2015 at 21:43
Ich habe bisher mit Bali immer nur Strand und Meer verbunden. So eine Tour klingt wirklich abenteuerlich, aber auf jeden Fall nach etwas, was man unbedingt mal unternommen haben sollte! Wirklich toller Blogpost 🙂
Liebe Grüße, Anni