Gastbeitrag: 2013 entschied sich Esther gemeinsam mit ihrem Freund für ein eher ungewöhnliches Reiseziel – Nordkorea. Ihre ganz persönlichen Erfahrungen und jede Menge Tipps zum Reisen vor Ort, verrät sie im ausführlichen Erfahrungsbericht:
„Nordkorea? Du meinst doch sicher Südkorea oder? Kommt man da überhaupt rein?“ – So oder so ähnlich fallen die meisten Reaktionen aus, wenn ich erzähle dass ich 2013 eine Reise nach Nordkorea unternommen habe. Diese Fragen werden in der Regel von einem ungläubigen Gesichtsausdruck begleitet.
Diese Reaktion ist absolut verständlich, ist Nordkorea den meisten Menschen doch vor allem aus den Nachrichten im Kopf und wird mit politischen Themen verbunden. Ob das jetzt die unzähligen Drohgebärden Richtung USA sind oder die Raketenversuche, irgendwas hat so ziemlich jeder schon mal über Nordkorea gehört oder gelesen. Und um ehrlich zu sein, fiel meine Reaktion auch nicht viel anders aus, als mein damaliger Freund mir damals eröffnete, er wolle aus politischem Interesse gern nach Nordkorea fliegen (Sozialwissenschaftsstudent, ist klar ne).
Eine Imagefrage
Ich habe mir dann lange Gedanken gemacht und war hin-und hergerissen, als er mich gefragt hat ob ich gern mitkommen würde. Dass es da ein paar Argumente gibt, nicht in ein Land zu reisen, dass eine Diktatur als Herrschaftsform hat, kann man sich vermutlich ganz gut vorstellen. In meinem Kopf präsent war vor allem die moralische Frage, ob ich damit nicht das System unterstütze, durch die Devisen die ich ins Lande bringe. Im Endeffekt war die Entscheidung mitzukommen aber einfach durch meine Abenteuerlust und Neugier auf dieses mysteriöse Land geprägt, von dem ich schon so viel gelesen und gehört hatte.
Fakt ist, dass Nordkorea den Tourismus sogar unterstützt. Denn dadurch kommen die oben genannten Devisen ins Land (in Nordkorea kann man in seiner eigenen Währung zahlen (Euro, etc.), unsere Versuche nordkoreanische Währung zu Gesicht zu bekommen waren leider erfolglos). Außerdem sind Touristen natürlich die ideale Gelegenheit das Image des Landes zu verbessern. Und da lassen die Nordkoreaner auch keine Gelegenheit zu aus.
Einreise Nordkorea
Kommen wir also zu den Fragen, die euch wahrscheinlich am meisten interessieren und hilfreich sind. Vielleicht liest der ein oder andere diesen Text ja, weil er/sie auch schon mal mit dem Gedanken gespielt hat, nach Nordkorea zu reisen.
Die Einreise nach Nordkorea ist nur über Reiseagenturen möglich (z.B.: Pyongyang Travel), daher ist so eine Reise eher nichts für den kleinen Geldbeutel. Man kann zum Beispiel Touren buchen, das ist dann ein bisschen wie Pauschalurlaub (sonst nicht so meine Urlaubsart) und da muss man dann schon ab 1.500 Euro pro Person aufwärts rechnen, eher mehr (bei uns waren es ca. 2.000 Euro denke ich). In diesen Kosten ist aber dann auch das meiste inklusive, Flüge/Zugfahrt von Peking nach Pjöngjang und zurück, Hotel, Essen, Sehenswürdigkeiten etc.
Es gibt zwei Wege einzureisen, entweder man fliegt von Peking aus oder man reist über Russland mit dem Zug ein. Die Zugreise hat den Vorteil, wie wir von Mitreisenden gehört haben, dass man auch durch den Norden fährt. Das ist der ärmere Teil, indem sich auch viele Arbeitslager befinden sollen. Dieser Teil ist sonst nicht im Reiseprogramm enthalten. Man kann aber wohl auch mit dem Zug von China aus einreisen.
Die Reiseagentur übernimmt viel von den Vorbereitungen, wir haben erst ca. 2/3 Wochen vor Abreise gebucht und es hat trotzdem noch alles geklappt. War dann zwar etwas knapp, weil ihnen man seinen Reisepass schicken muss für das Visum, aber es ging. Wenn man besondere Essenswünsche hat, kann man das auch angeben, dann wird das berücksichtigt soweit sie können. Wir hatten zum Beispiel vegetarisch angegeben und das Essen war auch fast immer sehr gut.
Totale Kontrolle
Man sollte sich immer bewusst sein, dass das keine normale Reise ist. Es ist einfach nicht vergleichbar mit einem anderen Land. Das macht es auch sehr schwierig es zu beschreiben. Auf dem Flug nach Pjöngjang habe ich persönlich Beklemmung empfunden, weil ich so gar nicht wusste was mich dort erwartet. Das hat sich leider auch nicht gebessert als wir vom Flughafen abgeholt wurden und unseren Reisepass abgeben mussten. Das klingt jetzt vielleicht übertrieben, aber ohne seinen Pass in Nordkorea zu sitzen ist eine gute Übung für Leute, die Probleme haben die Kontrolle abzugeben. Im Endeffekt muss man aber sagen, solange man keine Bilder von Kim Il Sung und Kim Jong Il in irgendeiner Weise beschädigt oder sonst zu kritisch auffällt, ist man dort sehr sicher. Meine Bedenken waren eigentlich immer unbegründet.
Die Reiseleiter, die einen auf der ganzen Reise begleiten, und einen eigentlich auch nur im Hotel aus den Augen lassen, waren bei uns zwei sehr nette Frauen Mitte 20 und ein etwas jüngerer Mann, der nach eigenen Angaben Jura studierte. Und die Reiseleiter sind auch nicht böse, wenn man sie viel fragt. Wenn sie die Frage nicht beantworten möchten, dann merkt man das auch und sollte vielleicht nicht weiterfragen. Sie sind auch sehr auf Höflichkeit bedacht und man sollte das auch erwidern. In unserer Reisegruppe gab es leider ein paar Leute, die sich nicht so Erwachsen verhalten haben und das hat unsere Reiseleiter dann in eine problematische Lage gebracht. Bis vor ein paar Jahren war es noch relativ schwierig in Bezug auf Fotos. Weil wir unsicher waren, hatten wir beide nur eine kleine Digicam dabei und haben es hinterher sehr bereut. Wir hätten sicher auch eine Spiegelreflex oder Kompaktkamera mitnehmen können. Es kann zwar sein, dass die SD-Card kontrolliert wird, aber wir haben von niemandem gehört dem das passiert ist.
Volles Programm
Was erwartet dich also in Nordkorea? Monumente. Viele Monumente. Für die Nordkoreaner ist der Besuch der Monumente wie für uns der Kirchenbesuch. Kim Il Sung hat eine Religion um sich herum aufgebaut, Juche-Religion genannt. Das führte soweit, dass die Zeitrechnung dort mit seinem Geburtsjahr (1912) beginnt. Vor den Monumenten werden dann Blumen abgelegt und es wird sich immer schön in Reih und Glied davor verbeugt. Das wird auch von den Besuchern erwartet, darauf sollte man also vorbereitet sein. Falls man das Mausoleum besucht, in dem Kim Il Sung und Kim Jong Il in Glassärgen aufgebahrt sind, wird man auch dort zur Verbeugung aufgefordert.
Man bekommt definitiv einen spannenden Einblick in dieses Land. Die Tage sind ziemlich vollgepackt mit Programm, in der Regel wird man morgens um 8 Uhr mit einem kleinen Bus abgeholt und kommt abends auch erst um 20 Uhr zurück. Wir waren 8 Tage dort und haben viel gesehen, unter anderem den Juche Tower, die Metro (es sind nur ca. 5 Haltestellen, aber es fährt die alte DDR-U-bahn!) das Arirang Festival (eine beeindruckende Sportveranstaltung), und die Städte Kaesong (und Ausflug zur demilitarisierten Zone), Nampo und Wonsan. Leider beinhaltete unser Programm auch einen Zirkusbesuch inklusive einem schlittschuhfahrenden Bären und weiteren Attraktionen die für europäische Gemüter eher schwer verdaulich waren.
Resümee
Ich fand es sehr anstrengend diese vielen Eindrücke zu verarbeiten, da man ständig versucht sie kritisch zu betrachten und dahinter zu kommen, ob man jetzt gerade tatsächlich ein Stück des nordkoreanischen Alltags gesehen hat oder es wieder nur eine Fassade war. Eine Theateraufführung, die bis ins letzte Detail perfekt einstudiert worden ist.
Trotzdem ist es wertvoll, mit eigenen Augen gesehen zu haben wie die Menschen dort leben. Wenn ich an Pjöngjang denke, dann kommen erst mal vor allem Bilder von grauen Hochhäusern und roten Schriftzügen, die das Stadtbild dominieren. Und das Fehlen von Werbung oder geschmückten Schaufenstern. Dafür sind Bilder von Raketen und Waffen allgegenwärtig. Selbst auf Kinderspielplätzen. In einigen Aspekten erinnert Nordkorea auch an die DDR. Diesen Eindruck hatte ich vor allem bei den Kindern, deren Schuluniformen doch sehr an die Pionieruniformen erinnern. Fährt man über die holprigen Autobahnen aus Pjöngjang heraus, findet man sich jedoch schnell zwischen grünen Bergen und Maisfeldern wieder. Die Nordkoreaner sind sehr darauf bedacht, dass sie einen perfekten Eindruck vermitteln, wenn doch ein Fehler passiert, dann wird versucht es schnell zu beseitigen.
Wenn man mich heute danach fragt, was mein Eindruck von Nordkorea war, dann bin ich meistens um Worte verlegen. Man hat soviel gesehen, aber es fällt einem trotzdem schwer diese Erlebnisse einzuordnen. Dennoch hoffe ich, dass ich hier einen kleinen Einblick über Nordkorea geben konnte und dass auch ein paar hilfreiche Tipps dabei waren..
Über die Autorin:
Esther (26) studiert Islamwissenschaften an der Universität Freiburg. Ihr Leben läuft unter dem Motto „Reisen geht immer!“. Und es gibt nur wenige Dinge, die sie so sehr begeistern, wie ihre Reisen – die sie auch gerne mit der Fotografie verbindet. Ab und zu versucht sie sich außerdem auch als Schreiberling.
Wie stehst du zu Nordkorea als Reiseland? Unvorstellbar oder irgendwie doch reizvoll? Hast du eigene Erfahrungen, Fragen oder sonstiges Feedback? Dann hinterlasse einen Kommentar, wir freuen uns von dir zu hören!
2. Mai 2017 at 12:09
Tolles Berich ?. Ich denke ich hätte meinen Reisepass nicht abgeben können.
5. Mai 2017 at 18:01
Nordkorea – warum nicht. Ich habe schon davon gehört, dass man dort auf Schritt und Tritt begleitet wird und eine „normale“ Unterhaltung mit den Einwohnern des Landes nicht möglich ist. Ich würde Korea bereisen, auch wenn ich eher der Freund des Individualreisens bin. Einfach nur, um es mal gesehen zu haben. Und was das Unterstützen des Regimes angeht… Wir reisen doch auch beispielsweise nach Kuba, ohne großartige Bedenken dabei zu haben; Ägypten war bis vor einigen Jahren auch kein Problem für die meisten. Und ob Nordkorea auf das bisschen Tourismus angewiesen ist, welches so ein Besuch mit sich bringt, wage ich zu bezweifeln…